Die Königsketten

In der zweiten, erhaltenen Satzung der Bruderschaft von 1859 wurde festgelegt, dass jeder König eine Gedenkplakette für die Königskette stiften muß. Dies gilt auch heute noch. Da sich so im Laufe der Jahre zahlreiche Plaketten angesammelt haben, die nicht mehr an einer Kette getragen werden können, wurde nach dem zweiten Weltkrieg eine Aufteilung auf mehrere Ketten beschlossen. Heute besitzt die Bruderschaft insgesamt drei Königsketten. Die erste enthält die ältesten Abzeichen von der Gründungszeit der Bruderschaft bis 1899. Diese Kette wird heute im Allgemeinen die „alte Königskette“ genannt. An der zweiten hängen alle Plaketten ab 1900, außer die der letzen 25 Könige. Diese befinden sich an der dritten Königskette, welche bei den Schützenumzügen am Sonntag und Montag vom König getragen wird.

Außer diesen drei Königsketten besitzt die Bruderschaft aber noch weitere. Da die große Kette beim Feiern sehr störend ist und hierbei auch leicht Plaketten verloren gehen können, wurde 1982 ein Königsschild angeschafft. Dieses trägt der König heute bei allen Anlässen, außer den beiden Schützenumzügen am Sonntag und Montag Nachmittag. Weiterhin besitzt die Bruderschaft ein Schild für den 25jährigen Jubelkönig und ein Schild für den Schützenmeister. Dieser mußte vor dem zweiten Weltkrieg ermittelt werden, da allen Bruderschaften von der damaligen nationalsozialistischen Regierung auferlegt wurde, eine Schießsportabteilung zu gründen. Nach dem Krieg wurde diese Abteilung nicht wieder aufgenommen. So gibt es in der Geschichte der Bruderschaft bis heute nur drei Schützenmeister, die dieses Schild im Umzug getragen haben: Anton Wrede (1937), Franz Molitor (1938) und Ignatz Langehanz (1939), der auch gleichzeitig Schützenkönig wurde.

Kette des 25jährigen Jubelkönigs, gestiftet von Konrad und Maria Reitemeier (1982)

Die Schützenmeisterkette wurde von 1937-1939 im Schützenumzug getragen

Königsschild von 1982, das der König bei den meisten Anlässen trägt

 

 Die meisten Plaketten an den Königsketten sind sehr kunstvoll gefertigt und individuell für den entsprechenden König bzw das Königspaar erstellt worden. Sie zeigen die unterschiedlichsten Motive. So befinden sich auf den älteren Plaketten aus dem 17. und 18. Jahrhundert oft religiöse Motive wie der hl. Pankratius, der Schutzpatron der Bruderschaft, der hl. Liborius oder Kreuzdarstellungen. Dies zeigt den starken Einfluß der Kirche zur damaligen Zeit. Da aus diesen Jahrhunderten so gut wie keine Dokumente vorliegen, sind gerade die alten Königsplaketten ein wichtiges Hilfsmittel, um die Geschichte der Bruderschaft in den Anfangsjahren zu rekonstruieren. Im 19. Jahrhundert verschwinden dann die religiösne Motive. Statt dessen tauchen persönliche Motive auf, die den König charakterisieren. So stehen zum Beispiel Erntezeichen und ein pflügendes Pferd für einen König, der Landwirt war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich auch in Störmede das Preußentum durch. Die Plaketten aus dieser Zeit nehmen mehr und mehr die Form von Ordensauszeichnungen an, die im damaligen Staatsleben eine große Rolle spielten. Auf diesen Orden finden sich jetzt auch heidnisch-mytologische Bilder, wie die Siegesgöttin, die Lorbeer verteilt. In den letzten 30 Jahren setzt sich der Trend durch, Darstellungen zu verwenden, welche den Beruf oder die Hobbies des Königs und der Königin symbolisieren. So stehen z.B. Musikinstrumente und Notenschlüssel für Musiker aus dem Musikzug oder dem Störmeder Tambourkorps, es werden Wappen für die Geburtsorte des Königs oder der Königin verwendet und Paragraphenzeichen deuten z.B. an, dass der König ein Jurist ist.

 

 

Königsplaketten von 1770 und 1769 mit religiösen Motiven (Fünfwundenkreuz, hl. Liborius)

 

Plakette von 1771 in Form eines liegenden Halbmondes; die Person auf dem Schild ist der hl. Pankratius

 

Die alte Königskette

 

Die älteste Störmeder Königskette mit den Königsorden
Die älteste Störmeder Königskette mit den Königsorden, die vor dem Jahr 1900 datiert sind.

An der sogenannten alten Königskette befinden sich heute die Plaketten, die vor 1899 datiert sind. Bis 1967 wurde diese Kette vom König getragen. Die ursprüngliche Königsinsignie ist vermutlich der silberne Vogel in der Mitte. Auf diesem ist kein Datum angegeben. Da sich aber an den Ketten von Langeneicke und Ehringhausen ähnliche Vögel wieder finden und auf dem Ehringhäuser Vogel der Name Gort Schulte zu finden ist, der ca. 1704 gelebt hat, kann davon ausgegangen werden, dass auch der Störmeder Vogel zu dieser Zeit entstanden ist. Diese Insignie ist ein sicheres Zeichen dafür, dass in Störmede schon immer auf den Vogel und nicht auf Scheiben geschossen wurde.

Zu den ältesten Bestandteilen der Kette gehört ein abgeschliffenes Silberplättchen, wahrscheinlich eine frühere Geldmünze. Die Vorderseite zeigt einen stehenden Löwen. Die Gravur ist nur teilweise lesbar. Vermutlich steht dort der Name des Kölner Erzbischhofs Max Heinrich, der 1651-1688 regierte. Das Schild trägt oben eine Krone. Woher diese Plakette stammt, wann und wie sie an die Kette gekommen ist, ist unbekannt.

Die älteste Königsplakette ist schildförmig, 6 cm hoch und 5 cm breit. Sie ist oben in der Mitte etwas eingezogen und läuft nach unten in drei rundbogige Lappen aus. Im Mittelfeld befindet sich ein Wappen, das drei Köpfe zeigt. Es steht für einen Angehörigen der Familie von Bucholz. Der Anhänger ist gekrönt mit einer Freiherrenkrone mit fünf Zacken. Der Stifter ist durch seine Initialien benannt. Es handelt sich um Adam Bernhard von Bucholz, der etwa um 1635 geboren wurde und 1684 gestorben ist.

Auffällig sind die großen, herzförmigen Anhänger (9×9 cm) am Rand der Kette und die halbmondförmige Plakette (siehe Bilder oben). Sie zeigen religiöse Motive. So ist in die linke Plakette ein Fünfwundenkreuz eingraviert, d.h. ein Kreuz an dem sich die Hände, Füße und das Herz Jesu befinden. Diese Plakette wurde von Johann Jürgen Wieneke und Anna Gertrud Wieneke 1770 gestiftet. Der zweite herzförmige Anhänger zeigt den hl. Liborius in bischhöflicher Kleidung. Auf der Rückseite ist ein Reiterstiefel abgebildet, was darauf hindeutet, dass der König (Anton Linpinsel 1769) Schuhmacher gewesen ist. Er stammte aus Wewelsburg im Hochstift Paderborn, wodurch die Liboriusdarstellung zu erklären ist. Die größte Plakette der alten Königskette zeigt einen liegenden Halbmond. Er mißt 10×7 cm. Auf der Vorderseite ist der hl. Pankratius, Schutzpatron der Bruderschaft, in Ritterrüstung abgebildet. Auf der Rückseite stehen die Namen der Stifter: Anton Linpinsel und Anna Eva Graute, die 1771 erneut Königspaar der Bruderschaft waren. Der Beruf ist wieder dargestellt durch einen Leisten und einen Schuh.

 

Die zweite Königskette

 

An der zweiten Königskette der St. Pankratius-Schützenbruderschaft befinden sich alle Königsplaketten seit 1900. Nur die Anhänger der letzten 25 Königspaare befinden sich an der dritten Kette. Die zweite Kette wird seit 1986, wie auch die alte Königskette, nicht mehr im Umzug oder bei anderen Gelegenheiten getragen.

An den Plaketten läßt sich deutlich erkennen, zu welcher Zeit sie angefertigt wurden. So finden sich Ende des 19. Jahrhunderts kaum noch religiöse Darstellungen. Die Plaketten nehmen mehr und mehr die Form von Orden an, was auf den damaligen preußischen Einfluß zurückzuführen ist. Zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland sind Adler auf den Abzeichen zu finden. Nach dem zweiten Weltkrieg, in den 50er und 60er Jahren, werden häufiger Kronen oben auf den Plaketten befestigt, was auch heute noch üblich ist.

 

 

Die dritte Königskette

 

An der dritten Kette befinden sich die Plaketten der Königspaare aus den letzten 25 Jahren. Sie wurde 1986 angeschaftt. Das Bild hier stammt von 1993. Jeder König ist dazu verpflichtet im zweiten Jahr vor Schützenfest einen neuen Anhänger zu spenden, den er dann sonntags das erste Mal beim Umzug an der Königskette trägt. Um genügend Platz zu haben, wird dazu die Plakette des 25jährigen Jubelkönigs entfernt. In der obersten Reihe befinden sich immer die Abzeichen der letzten drei Königspaare. In der Mitte ist der Orden des amtierenden Paares (hier Mechthild und Berthold Lammert).

Es fällt deutlich auf, dass die Anhänger in den letzten 25 Jahren wieder größer geworden sind. Die Maße variieren zwischen 6-8 cm Höhe und Breite. Auf den Plaketten finden sich unterschiedliche Motive, die meist für die Hobbies, den Beruf oder die Herkunft der Paare stehen. So sehen wir links im Bild eine Lyra, die für einen Musiker steht, oder rechts im Bild einen Fußballspieler bzw. ein Feuerwehrabzeichen. Der Traktor in der Mitte weist auf einen Landwirt hin. Es finden sich aber auch Darstellungen, die auf das damals aktuelle politische Geschehen bezogen sind. So zeigt der Orden rechts in der obersten Reihe die Deutschlandkarte, welche die deutsche Einheit 1990 symbolisieren soll. Er wurde von Josef Schlichting, der 1990/91 König der Bruderschaft war, gestiftet. Auffallend ist auch, dass im Vergleich vor allem zur zweiten Kette, sich die Formen der Anhänger stark unterscheiden. Die einfache Ordenform ist weitgehend verschwunden. Heute werden die Königsplaketten meistens in Handarbeit nach dem individuellen Wunsch des Königspaars von einem Goldschmied gefertigt. Hierdurch hat die Kette nicht nur materiell einen beträchtlichen Wert.

 

 

Martin Pieper, 2007


Quellen:

  • Festschriften zum 300- und 325-jährigen Jubiläum der St. Pankratius-Schützenbruderschaft Störmede
  • „Die alte Königskette der Störmeder Schützenbruderschaft“, von Pfarrer Wahle