Die Wurzeln der Schützenbruderschaften in Deutschland sind überwiegend im Spätmittelalter (14./ 15. Jahrhundert), bzw. zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) zu finden. Hier hatten die Landesherren die Möglichkeit, an Stelle eines stehenden Ritterheeres oder an Stelle von Söldnern die ortsansässige Bevölkerung zum Waffendienst zu verpflichten. Die letzte Möglichkeit war wesentlich günstiger als Berufssoldaten zu bezahlen, daher waren die sogenannten „Landeschützen“ sehr beliebt. Ihre Hauptaufgabe war der Schutz der eigenen Stadt und des zugehörigen Umlandes. Hierbei wurden die Landesschützen nur zu Verteidigungszwecken genutzt. Ein Einsatz in Gebieten außerhalb des eigenen Landes fand nicht statt, wohl aber zur Sicherung der Grenzen. Es gab aber noch weitere Aufgaben. So wurden die Landesschützen häufig auch in Friedenszeiten zum Polizeidienst herangezogen, oder für repräsentative Zwecke (Paraden) genutzt.
Auch in Störmede wurde in dieser Zeit eine Bürgermiliz aufgestellt. So ist zum Beispiel überliefert, dass 1598 die „Hausleute zu Störmede“ verdächtige Reisende im Wirtshaus festgenommen haben. Der Begriff „Hausleute“ wird hier verwendet, da nur die Einwohner, die ein eigenes Haus besaßen, zum Waffendienst in der Miliz verpflichtet waren. Später wurde dann eher die Bezeichnung „Landesschützen“ benutzt. Ein weiteres Beispiel für den polizeilichen Einsatz finden wir in den Akten von 1694. Hier wurden die Schützen aufgefordert den Lehrer festzunehmen, der vorher einen tätlichen Angriff auf den Vikar verübt hatte und geflohen war. Nachdem 1759 mehrere Diebstähle zu beklagen waren, wurden die Störmeder Landesschützen dazu verpflichtet, jede Nacht zwei Streifengänger bereit zu stellen, um die Diebe zu verhaften.
Diese Milizen sind aber von den Schützenbruderschaften zu unterscheiden. Die eigentlichen Bruderschaften hatten keine solche öffentlich-rechtlichen Aufgaben. Sie bildeten sich viel mehr als gesellschaftlicher Zusammenschluß der Landesschützen mit anderen Zielsetzungen. Durch eine enge kirchliche Bindung – sie schlossen sich meistens der örtlichen Pfarrei an und stellten sich unter den Schutz des Schutzpatrons der Gemeinde – gehört die religiöse Betätigung zu ihren wichtigsten Augaben. Hierzu zählte vor allem der Schutz von kirchlichen Feiern und Prozessionen, aber auch caritative Aufgaben. Aus diesen Idealen – wehrhafter Schutz, verbunden mit Disziplin, Nächstenliebe und Gebet – entwickelte sich das Wesen der Schützenbruderschaften, was sich heute noch in der alten Parole „Für Glaube, Sitte und Heimat“ zeigt. Diese religiöse Bindung ist aber nicht verwunderlich und erfolgte mehr oder weniger zwangsweise, da zu dieser Zeit die Kirche in Politik und Gesellschaft eine wichtige Rolle einnahm. Eine bürgerliche Vereinigung ohne Unterstützung der Kirche war fast unmöglich.
So ähnlich muß auch die St. Pankratius-Schützenbruderschaft in Störmede aus den Landesschützen entstanden sein. Das auch hier von Anfang an eine enge Bindung zur Kirche bestand, zeigt sich darin, dass die Bruderschaft vor allem am Lobetag hervortrat. Im 18. Jahrhundert waren alle Mitglieder zur Teilnahme an der Prozession verpflichtet. Die Schutzaufgabe zeigte sich dadurch, dass alle Schützenbrüder ihr Gewehr mitführten. Begleitet wurden sie von Trommeln und Pfeiffen. Weitere Anzeichen für die wichtige Stellung der Religion in der Bruderschaft sind auf den Königsplaketten der damaligen Zeit zu finden. Diese zeigen überwiegend religiöse Motive wie den hl. Pankratius oder den hl. Liborius.
Ein genaues Datum für die Gründung der St. Pankratius-Schützenbruderschaft zu bestimmen ist schwer, da kaum Dokumente aus dieser Zeit zu finden sind. Eine grobe Datierung ist aber mit Hilfe der alten Königskette möglich. An dieser befinden sich Plaketten, die von den damaligen Schützenkönigen gestiftet wurden, was ein Hinweis dafür ist, dass zu dieser Zeit Schützenfeste gefeiert wurden. Der älteste Anhänger ist vermutlich der silberne Schützenvogel, auf dem jedoch weder eine Jahreszahl, noch ein Name zu finden ist. Allerdings hängen an den Königsketten von Langeneicke und Ehringhausen auch solche Vögel, die vermutlich zur gleichen Zeit hergestellt wurden. Auf dem Ehringhäuser Vogel findet sich der Name „Gort Schulte“, der 1679 gestorben ist. Ein weiteres Indiz liefert die älteste Störmeder Königsplakette, die den Name „Adam Bernhard von Bucholtz“ trägt. Dieser ist am 10. Juni 1684 gestorben. Die Schützenbruderschaft Langeneicke besitzt sogar eine datierte Plakette von 1669.
Genaue Angaben über das Schützenleben im 18. Jahrhundert liegen nicht vor. Bekannt ist, dass es zwei Gruppen, wie auch in den meisten anderen Orten, gab. Dies lag daran, da laut Satzung nur „unbescholtene verheiratet und verheiratet gewesene Einwohner“ Mitglied in der Schützenbruderschaft werden konnten. Diese Formulierung ist ersteinmal verwunderlich, da üblicherweise bürgerliche Rechte an den Besitz eines Hauses gebunden waren. Jedoch werden in der Regel die verheirateten Männer auch Hausbesitzer gewesen sein. Als Ausgleich für die im Elternhaus tätigen, unverheirateten Söhne und Knechte bildeten diese eine eigene Schützenformation, die der Junggesellen.
Beide Gruppierungen feierten jedes Jahr ihr eigenes Schützenfest. Über den genauen Ablauf ist leider nur wenig bekannt. So fand das Fest der Junggesellen gegen Ende des 18. Jahrhunderts am 2. Pfingstag statt. Hierzu spielte die Musik im Hochamt und anschließend wurden die Fahnen vor dem Pfarrhaus geschwenkt. Die Juggesellen schossen auf den sogenannten „Geck“ und ermittelten so ihren König. Dieser begleitete später die Lobetagsprozession im „närrischen Halekin-Kostüm“. Über den genauen Termin des Männerschützenfests ist nichts bekannt. Vermutlich gab es keinen festen Termin, man richtete sich nach dem Beginn der Ernte. Der neue König wurde durch das Schießen auf einen Vogel, nicht auf Scheiben wie zum Beispiel in Geseke, ermittelt. Ob auch die Männer auf den Geck schossen, ist nicht bekannt. Beide Schützenfeste waren keine ausschließlichen Männerfeste, so finden sich auf den älteren Königsplaketten schon die Namen der Königinnen. In wie weit beim Schützenfest getanzt wurde ist nicht bekannt. Belegt ist jedoch, dass die geseker Schützenbrüder gelegentlich eine Sondererlaubnis zum Tanzen erhielten, da in den allgemeinen Polizeiverordnungen des 18. Jahrhunderts, die das Tanzen bei Festen regelten, Schützenfeste nicht aufgeführt wurden. Die alte Bezeichnung „Schüttengeloag“ deutet jedoch eher darauf hin, dass hauptsächlich getrunken wurde.
Mitte bis Ende des 18. Jahrhundert wurde schließlich die Verteidigung hauptsächlich von stehenden Heeren übernommen. Auch die Aufgaben der Polizei wurden in der hessischen Zeit fest angestellten Polizeidienenern übertragen. Hierdurch verloren die Landesschützen ihre Aufgaben und verschwanden allmählich. Allein die aus ihnen hervorgegangenen Schützenbruderschaften überlebten und verfolgten weiterhin ihre Ziele. Von den einstigen militärischen Aufgaben blieben nur die Schießübungen und Wettbewerbe erhalten, aus denen die Schützenfeste hervor gingen.
Martin Pieper, 2007
Quellen:
- „Die ältere Geschichte der St. Pankratius-Schützenbruderschaft“, von Walter Wahle aus der Festschrift „300 Jahre St. Pankratius-Schützenbruderschaft“, 1969
- Wikipedia-Artikel „Schützenbruderschaft“
- „Schützen-Welten“ Ausstellung des Geschichtsmuseum Lüdenscheid zur Geschichte der Schützenvereine.